Kostenvoranschlag und Angebot: Welche rechtliche Gültigkeit und welche Gültigkeitsdauer?

Einleitung
Sie senden einem Kunden einen Kostenvoranschlag. Drei Monate später kommt er auf Sie zu, um anzunehmen... aber in der Zwischenzeit haben sich Ihre Preise geändert. Sind Sie verpflichtet, den alten Tarif einzuhalten? Und wenn der Kunde den Endbetrag nach Annahme Ihres Angebots bestreitet, was sagt das Gesetz?
Die rechtliche Gültigkeit eines Kostenvoranschlags und seine Gültigkeitsdauer sind Fragen, die sich jeder Unternehmer mindestens einmal stellt. Dennoch navigieren viele Selbständige und Schweizer KMU auf Sicht bei diesen rechtlichen Aspekten, ohne genau zu wissen, was sie bindet oder schützt.
Ein schlecht formulierter Kostenvoranschlag kann kostspielige Missverständnisse schaffen: ein Kunde, der einen veralteten Preis verlangt, ein Dienstleister, der durch seine eigenen unklaren Bedingungen festsitzt, oder schlimmer noch, ein Rechtsstreit, der mit einigen klaren Angaben hätte vermieden werden können.
In diesem Artikel klären wir die rechtlichen Grundlagen des Kostenvoranschlags in der Schweiz: was ihn von einem einfachen Angebot unterscheidet, wie lange er gültig bleibt, welche Elemente er enthalten muss, um rechtlich durchsetzbar zu sein, und wie man die häufigsten Fallstricke vermeidet. Ob Sie Freelancer, Handwerker oder KMU-Geschäftsführer sind, Sie werden genau wissen, wie Sie einen Kostenvoranschlag erstellen, der Ihre Tätigkeit schützt und gleichzeitig transparent gegenüber Ihren Kunden bleibt.
📌 Zusammenfassung (TL;DR)
Ein Kostenvoranschlag hat in der Schweiz keine gesetzlich vorgeschriebene Gültigkeitsdauer: Es liegt am Dienstleister, sie klar festzulegen. Ohne Angabe gilt die angemessene Frist, aber dies kann Streitigkeiten schaffen. Um rechtlich gültig zu sein, muss ein Kostenvoranschlag bestimmte obligatorische Angaben enthalten: präzise Beschreibung, detaillierter Preis, Gültigkeitsdauer und Annahmebedingungen.
Häufige Fallstricke umfassen das Fehlen einer Dauer, vage Preise oder das Vergessen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein gut formulierter Kostenvoranschlag schützt beide Parteien und vermeidet kostspielige Missverständnisse.
📚 Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Kostenvoranschlag und welche rechtliche Gültigkeit hat er?
- Gültigkeitsdauer eines Kostenvoranschlags: was das Schweizer Recht sagt
- Was muss ein Kostenvoranschlag enthalten, um gültig zu sein?
- Häufige Fallstricke, die es zu vermeiden gilt
- Wie nimmt der Kunde einen Kostenvoranschlag an?
- Muster: die Elemente, die Sie in Ihren Kostenvoranschlag aufnehmen sollten
Was ist ein Kostenvoranschlag und welche rechtliche Gültigkeit hat er?
Ein Kostenvoranschlag ist ein kommerzieller Vorschlag, der die angebotenen Leistungen oder Produkte und deren Preis detailliert aufführt. In der Schweiz hängt seine rechtliche Gültigkeit von der Annahme durch den Kunden ab.
Vor der Annahme bindet der Kostenvoranschlag den Dienstleister nicht. Sobald er vom Kunden angenommen wird, wird er zu einem verbindlichen Vertrag für beide Parteien gemäss dem Schweizerischen Obligationenrecht (OR).
Zu unterscheiden vom Proforma, einem einfachen Informationsdokument ohne Verpflichtung, und der Rechnung, die eine bereits erbrachte Leistung feststellt.
Das Prinzip der Vertragsfreiheit (Art. 19 OR) gilt: Die Parteien können die Vertragsbedingungen frei festlegen, ausser bei zwingenden gesetzlichen Bestimmungen.
Diese Flexibilität ermöglicht es, den Kostenvoranschlag an jede Situation anzupassen, erfordert aber auch eine klare Formulierung, um Missverständnisse und potenzielle Streitigkeiten zu vermeiden.
Angebot vs. Kostenvoranschlag: gibt es einen Unterschied?
Im Schweizer Recht zählt die Terminologie. Ein Angebot im Sinne des OR (Art. 3ff) kann seinen Aussteller bereits bei Erhalt binden, wenn es alle wesentlichen Elemente des Vertrags enthält.
Der Kostenvoranschlag bezeichnet in der Geschäftspraxis im Allgemeinen einen Preisvorschlag ohne sofortige Verpflichtung. Er wird erst nach ausdrücklicher Annahme durch den Kunden verbindlich.
Diese Nuance ist entscheidend: ein schlecht formuliertes festes Angebot kann Sie auch ohne Unterschrift des Kunden binden. Umgekehrt schützt ein klar als solcher gekennzeichneter Kostenvoranschlag den Dienstleister.
Praktischer Rat: Geben Sie immer "Kostenvoranschlag" in der Kopfzeile an und präzisieren Sie die Annahmebedingungen, um jede rechtliche Unklarheit zu vermeiden.
Gültigkeitsdauer eines Kostenvoranschlags: was das Schweizer Recht sagt
Das Schweizer Recht schreibt keine obligatorische Gültigkeitsdauer für einen Kostenvoranschlag vor. Es liegt am Dienstleister, diese Frist entsprechend seinen geschäftlichen Zwängen festzulegen.
Wenn keine Dauer auf dem Kostenvoranschlag angegeben ist, wendet die Rechtsprechung den Begriff der "angemessenen Frist" an. Diese Frist variiert je nach Branche, Art der Leistung und Preisvolatilität.
In der Praxis stellen 30 Tage den Standard in den meisten Branchen dar. Für Leistungen mit variablen Kosten (Rohstoffe, Wechselkurse) ist eine kürzere Frist (15 Tage) gerechtfertigt.
Umgekehrt können für komplexe Projekte, die eine gründliche Prüfung durch den Kunden erfordern, 60 Tage angemessen sein.
Geben Sie die Dauer immer ausdrücklich an: "Gültig 30 Tage ab Ausstellungsdatum" vermeidet jede spätere Anfechtung.
Was muss ein Kostenvoranschlag enthalten, um gültig zu sein?
Ein gültiger Kostenvoranschlag muss mehrere wesentliche Angaben enthalten, um Streitigkeiten zu vermeiden und die Verpflichtung der Parteien zu klären.
Vollständige Identifikation: Kontaktdaten des Dienstleisters und des Kunden, eindeutige Kostenvoranschlagsnummer, Ausstellungsdatum.
Detaillierte Beschreibung: Leistungen oder Produkte Zeile für Zeile, Mengen, technische Spezifikationen falls relevant.
Transparenter Preis: Betrag ohne MwSt., anwendbarer MwSt.-Satz (8.1%, 3.8% oder 2.6%), Betrag inkl. MwSt. Die Klarheit über die MwSt. vermeidet böse Überraschungen.
Vertragsbedingungen: Gültigkeitsdauer des Kostenvoranschlags, vorgesehene Ausführungsfristen, Zahlungsbedingungen (Anzahlung, Fälligkeiten), Annahmemodalitäten.
Je präziser der Kostenvoranschlag ist, desto geringer ist das Risiko von Unstimmigkeiten bei der Ausführung oder der endgültigen Rechnungsstellung.
Allgemeine Geschäftsbedingungen: unverzichtbar oder fakultativ?
Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen (AVB) oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind gesetzlich nicht obligatorisch, aber dringend empfohlen, um Ihre Tätigkeit zu schützen.
Sie definieren den rechtlichen Rahmen der Geschäftsbeziehung: Zahlungsmodalitäten, Verzugsstrafen, Garantien, Haftung, anwendbares Recht, Gerichtsstand.
Um dem Kunden entgegengehalten werden zu können, müssen die AVB vor oder bei Ausstellung des Kostenvoranschlags mitgeteilt werden. Erwähnen Sie sie ausdrücklich: "Die unter [URL] verfügbaren AVB gelten für diesen Kostenvoranschlag".
Eine einfache Erwähnung genügt, wenn die AVB leicht zugänglich sind. Im Streitfall kann ihr Fehlen Ihre Rechtsposition schwächen und die Beitreibung erschweren.
Häufige Fallstricke, die es zu vermeiden gilt
Mehrere häufige Fehler schwächen die rechtliche Gültigkeit eines Kostenvoranschlags und schaffen Konfliktsituationen.
Fehlende Gültigkeitsdauer: Der Kunde kann den Kostenvoranschlag Monate später annehmen, während Ihre Kosten gestiegen sind. Sie sind rechtlich verpflichtet, den ursprünglichen Preis einzuhalten.
Vage Beschreibungen: "Renovierungsarbeiten" ohne Details öffnet die Tür für unterschiedliche Interpretationen und Streitigkeiten über den genauen Umfang.
MwSt. vergessen oder falsch berechnet: Häufiger Fehler, der sich direkt auf Ihre Marge auswirkt. Geben Sie immer den anwendbaren Satz an.
Unklare Annahmebedingungen: Ohne klare Modalität, kann eine einfache E-Mail als Annahme gelten? Definieren Sie dies ausdrücklich.
Einseitige Änderung: Die Preise nach Annahme ohne schriftliche Zustimmung des Kunden zu erhöhen, stellt einen Vertragsbruch dar.
Wie nimmt der Kunde einen Kostenvoranschlag an?
Die Annahme des Kostenvoranschlags verwandelt den Vorschlag in einen verbindlichen Vertrag. Mehrere Formen der Annahme sind in der Schweiz rechtlich gültig.
Handschriftliche Unterschrift: Die klassische Methode, der Kunde unterschreibt und sendet den Kostenvoranschlag zurück. Solider Beweis im Streitfall.
Elektronische Signatur: Immer häufiger, sie hat den gleichen rechtlichen Wert wie eine handschriftliche Unterschrift gemäss dem Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES).
Bestätigungs-E-Mail: Eine ausdrückliche E-Mail ("Ich nehme Ihren Kostenvoranschlag Nr.... an") stellt eine gültige Annahme dar, wenn der Kostenvoranschlag dies vorsieht.
Anzahlung: Die Zahlung einer Anzahlung gilt im Allgemeinen als stillschweigende Annahme des Kostenvoranschlags.
Achtung: Wenn der Kunde den Kostenvoranschlag vor der Annahme ändert, stellt dies ein Gegenangebot dar, das vom Dienstleister angenommen werden muss. Der ursprüngliche Vertrag existiert nicht, solange Sie diese Änderungen nicht bestätigt haben.
Muster: die Elemente, die Sie in Ihren Kostenvoranschlag aufnehmen sollten
Hier ist ein strukturiertes Beispiel zur Erstellung eines konformen und vollständigen Kostenvoranschlags:
Kopfzeile: Logo, Firmenname, vollständige Adresse, UID/MwSt.-Nummer, Kontaktdaten (Telefon, E-Mail, Website).
Dokumentenidentifikation: Vermerk "KOSTENVORANSCHLAG", eindeutige Nummer (z.B.: KV-2024-001), Ausstellungsdatum.
Empfänger: Vollständiger Name oder Firmenname des Kunden, vollständige Adresse.
Betreff: Zusammenfassende Beschreibung des Projekts oder der Leistung.
Leistungsdetails: Tabelle mit Beschreibung, Menge, Einzelpreis exkl. MwSt., Betrag exkl. MwSt. pro Zeile.
Summen: Zwischensumme exkl. MwSt., MwSt. (mit Satz: 8.1%), Betrag inkl. MwSt. in CHF.
Gültigkeit: "Kostenvoranschlag gültig 30 Tage ab [Datum]".
Bedingungen: Ausführungsfrist, Zahlungsmodalitäten, Verweis auf die AVB.
Annahme: "Zur Annahme: Unterschrift und Stempel, zurückzusenden vor dem [Datum]".
Ein Kostenvoranschlag hat nur verbindliche rechtliche Gültigkeit, sobald er vom Kunden angenommen wurde. Davor stellt er ein einfaches Angebot dar, das Sie ändern oder zurückziehen können. Das Schweizer Recht legt keine obligatorische Gültigkeitsdauer fest: Es liegt an Ihnen, diese Frist in Ihrem Dokument klar zu definieren, im Allgemeinen zwischen 30 und 90 Tagen je nach Branche.
Um gültig zu sein, muss Ihr Kostenvoranschlag die wesentlichen Angaben enthalten: vollständige Identifikation der Parteien, präzise Beschreibung der Leistungen, detaillierter Preis einschliesslich MwSt., Gültigkeitsdauer und Zahlungsbedingungen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen schützen, obwohl fakultativ, Ihre Interessen im Streitfall.
Vermeiden Sie häufige Fallstricke wie vage Beschreibungen oder das Fehlen einer Gültigkeitsdauer, die kostspielige Missverständnisse schaffen können. Sobald Ihr Kostenvoranschlag angenommen wurde, wandeln Sie ihn schnell in eine konforme Rechnung um. Erstellen Sie Ihre Kostenvoranschläge und Rechnungen mit Schweizer QR-Code in wenigen Klicks mit BePaid und automatisieren Sie die Nachverfolgung Ihrer Zahlungen ab 20 CHF/Monat.


